Was mich an Nuad thai so fasziniert – ein Gastbeitrag von Eva Alagoda-Coeln
Was mich an Nuad thai so fasziniert
Meine Geschichte:
Als ich das erste Mal von Nuad hörte, das war im Jahr 1988, damals noch unter dem Begriff „Thai-Massage“, beschrieb mir eine Freundin ihre Erfahrung folgendermaßen:
Ein ehemaliger Mönch hat zwei Stunden ihren Körper bearbeitet, gedrückt, gedehnt, bewegt, unter Einsatz von Händen, Füßen, Knie und Ellbogen. Sein Arbeitsstil war sehr meditativ, einfühlsam und zugleich kraftvoll. Sie meinte weiters, Nuad würde mir gefallen und sei eine ideale Ergänzung zu meinen bisher gelernten und praktizierten Massagetechniken.
Mein Feuer war entfacht und ich brach ein paar Monate später nach Thailand auf, um Nuad zu lernen – und viel über das Leben und über mich.
Was ist das Besondere daran:
Nuad ist weit mehr als eine ideale Ergänzung der westlichen Techniken. Es umfasst unzählige Griffe, Positionen und Punkte; es lässt sich sanft und weich, sowie dynamisch und tief anwenden. Mal mit mehr Bewegung und Positionen, mal statischer, auch innerhalb einer Behandlung, je nachdem, was für den/die andere grad gut und richtig ist.
Zu dem großen Pool der Nuad-Methoden zählen neben der traditionellen Thai-Massage auch Nuad Naman (Ölmassage), Nuad Tao (Fußmassage), Klopf-Nuad, Barfuß-Nuad und Osteo-Thai. Wer sich in Nuad vertieft, braucht keine andere Methode, um zufriedenstellend zu arbeiten.
Wenn wir Nuad-Behandlungen anwenden, nutzen wir unterschiedliche Ebenen:
Physisch – wir drücken Bindegewebe, Muskeln, Blutgefäße….; über Dreh- und Dehnpositionen beeinflussen wir sämtliche Organe.
Energetisch – mittels Zug an Linien und Druck an Punkten verbessern wir die energetische Versorgung.
Psychisch – egal ob phlegmatischer Couchpotato oder gestresster Turbo-Hase, mit Nuad können wir ein bissl Ausgleich schaffen.
In jedem Fall spürt man sich wieder mehr, fühlt sich wohler in seiner Haut.
Keine mir bekannte andere Methode begleitet den Menschen derart umfassend.
Meditativer Zugang/wenig Worte:
Wesentlich bei Nuad ist die meditative Arbeitshaltung, der spürende Umgang, der bewusste Verzicht auf Gespräche. Das fällt vielen Menschen, sowohl Praktiker*innen als auch Kund*innen, nicht leicht. Ich erkläre zu Beginn der Behandlung, dass und warum es Sinn macht, nicht zu sprechen; schließlich lenkt das Gespräch beide beteiligten vom Spüren ab.
Konkrete Fragen und Rückmeldungen sind aber erlaubt, zum einen gibt es unseren Kund*innen Sicherheit, zum anderen kann es hilfreich sein, um die Behandlung zu spezifizieren. Dabei achten wir darauf, diese Kommunikation möglichst kurz zu halten.
Wenn neue Kund*innen kommen, nehmen wir uns vor Beginn der eigentlichen Behandlung reichlich Zeit, um Befinden und Bedürfnisse abzuklären, eventuelle Kontraindikationen festzustellen und somit einen abgestimmten Behandlungsablauf zumindest grob zu planen.
Oft ist es nur ein Gerüst – schließlich müssen wir unsere Kund*innen ja erst kennenlernen. Und sie uns auch. Viele Menschen, die zu uns kommen, wissen nicht oder nur sehr schemenhaft, was Nuad ist und wie die Behandlung sein wird. Insofern halte ich es für sinnvoll, die erste Behandlung als Schnuppereinheit zu sehen, mit möglichst wenig Erwartungshaltung beiderseits.
Ich lade meine Kund*innen ein, die Stunde ohne Gespräch zu genießen. Wenn sie dann doch mehr Fragen stellen oder über ihren Alltag erzählen, ihre Sorgen und Probleme, dann darf das auch Platz haben.
Wesentlich ist dabei, dass der Raum unseren Kund*innen gehört, wir also zuhören ohne eigene Erfahrungen oder Geschichten einzubringen. Es kann hilfreich bis notwendig sein, das Reden zu beenden, mit dem Hinweis, dass man selbst dadurch vom Nuad abgelenkt wird und man somit nicht optimal arbeiten kann. Wenn Menschen sich schwertun, nicht zu reden, können wir die Kund*innen einladen, ihre Atmung bewusster wahrzunehmen. In einem nächsten Schritt schlage ich den Kund*innen vor, ihre Sorgen „draußen“ zu lassen und die Zeit und Behandlung zu nützen, um wirklich zu entspannen.
Dafür kann bewusste Atmung hilfreich sein. Den Atem gedanklich zu begleiten, eventuell in der Vorstellung dorthin zu atmen, wo der Druck oder Zug stattfindet, lässt Nuad wesentlich entspannender und wirkungsvoller erleben.
Ein Behandlungsbeispiel:
Es kam eine Dame zu mir, ca 55 Jahre, schlank, starke Raucherin, sie hatte Verspannungen in den Rückenmuskeln und chronische Probleme mit ihrem Ischias. Sie wirkte sehr gestresst und hoffte sehr, ihre Verspannungen bei mir loszuwerden. Während der ersten Behandlung sprach sie ohne Unterbrechung, trotz meiner anfänglichen Erklärung und Einladung zur Ruhe. Sie wollte danach gleich einen 10-Block kaufen, für 2 Stunden. Dies schien mir – ehrlich gesagt – zu anstrengend für mich, wiewohl ich auch zweifelte, ob es für sie Sinn machen würde.
Oft entspannen die Kund*innen erst gegen Ende der Behandlung, z.B. während der Kopf- und Gesichtsmassage. Nicht so bei dieser Dame.
Also kam sie einige Male für 60 Minuten, ihr Reden wurde von Mal zu Mal weniger; schließlich vereinbarten wir 90 Minuten und dann auch zwei Stunden. Wir besprachen, wie sie sich selbst zu Hause helfen kann, um Stress abzubauen und ruhiger zu werden. Sie kam wöchentlich über einige Monate, strahlte mehr Klarheit aus, rauchte weniger, bis sie beschloss, diese Sucht abzulegen.
Wie hab ich gearbeitet: anfangs relativ dynamisch (dem aktuellen Befinden meiner Kundin angepasst), mit vielen unterschiedlichen Übungen. Mit wenigen und langsamen Griffen, z.B. Linienarbeit, hätte ich sie wahrscheinlich überfordert, wäre sie möglicherweise nervös geworden. In der Folge hab ich die Zahl der Übungen reduziert und bin mehr in die Tiefe gegangen. Nach einigen Behandlungen konnte sie diese genießen, ihre Rückenverspannungen wurden leichter, bis diese schließlich ganz verschwanden und auch ihr Ischias war kein Thema mehr.
Wir wissen mittlerweile, dass Rückenverspannungen sehr viel mit Psyche, speziell mit Stress zu tun haben.
Nuad lernen:
Dafür braucht man die Bereitschaft, sich auf andere Menschen einzustellen und die Fähigkeit, am Boden zu arbeiten. Alles andere kann gelernt werden. Um gutes Nuad anzubieten, schöpfen wir aus einer Vielzahl an Übungen und kennen deren Wirkungen und Kontraindikationen.
Die Ausbildung beim Verein Nuad-Austria dauert 2 Semester und startet mit einer Intensivwoche, um in die Theorie und Praxis ausgiebig einzutauchen. Nach dieser Woche kann man eine Behandlung in Rückenlage, Bauchlage und Sitzen durchführen, die bis zu 90 Minuten dauert. Die Geschichte der Methode, westliche Grundlagen wie Anatomie und Physiologie sowie die wichtigsten Kontraindikationen stehen ebenso am Lehrplan wie der Behandlungsablauf in Theorie und Praxis, das Führen von Protokollen, Yoga und Übungen zur Selbstfürsorge.
Die Intensivwoche ermöglicht, Nuad im familiären Umfeld anzubieten. Wer mehr lernen möchte, wie die begehrte Seitenlage, spannende Umkehrhaltungen oder den Flieger, kann sich für den gesamten Lehrgang entscheiden. Wesentlich ist dabei, das Gelernte regelmäßig zu üben und dieses dann zu protokollieren. Auch die Beschäftigung mit dem Körperverständnis ist relevant; Anatomie- und Physiologiekenntnisse stellen eine wichtige Grundlage für die Arbeit mit Nuad dar. Ein Fragenkatalog unterstützt das Lernen; die im Lehrgang besprochenen Muskeln sollen ins Üben einfließen.
Der Unterricht ist grundsätzlich folgendermaßen aufgebaut:
* Übungen, Griffe, Techniken lernen – in der Gruppe oder in Form von Einzelstunden
* Privat üben und protokollieren
* Supervisionen – das Gelernte mit mir nochmals durchgehen, eventuelle Unklarheiten besprechen und Fragestellungen aus den protokollierten Sitzungen erörtern.
* Lernen der Grundlagen (Anatomie, Physiologie, Kontraindikationen; Sen und Elemente)
* Beantworten des Fragenkataloges
Um den Lehrgang abzuschließen, ist die Teilnahme an allen Seminaren, die Ausarbeitung des Fragenkatalogs, das Durchführen und Protokollieren von 100 Übungsstunden vorgeschrieben. Damit sind die Voraussetzungen für die Zulassung zur Prüfung erfüllt, die aus einem schriftlichen und einem praktischen Teil besteht.
Lehrbuch:
In meinem aktuellen Buch „Nuad begreifen. Praxis der traditionellen thailändischen Massage, Faszienlinien, Yogapositionen“ (Verlag Urban&Fischer, München 2020) erläutere ich die Behandlung in Rückenlage, Seitenlage, Bauchlage und im Sitzen, weiters die Bedeutung der Faszien und im Besonderen der Faszienzüge nach Tom Myers in Bezug zu Nuad.
Alle Übungen sind detailliert beschrieben mit Ablauf, Indikationen und Kontraindikationen; reichhaltiges Bildmaterial hilft, die Positionen, Übungen und Techniken nachzuvollziehen und richtig umzusetzen.
Weitere Bücher von mir:
Nuad verstehen und richtig anwenden – der Traum vom Fliegens, Verlag Maudrich, Wien 2008
Nuad Tao verstehen und richtig anwenden – der Zauber des Stäbchens, Verlag Maudrich, Wien 2012
Nuad auf Youtube:
Unter “Nuad mit Eva Alagoda-Coeln” zeige ich kurze Abläufe und Übungen in Rückenlage, Seitenlage, Bauchlage und Sitzen, sowie die traditionelle Fußmassage Nuad Tao, die sowohl als Partnerbehandlung als auch zur Selbstmassage geeignet ist.
Kontakt:
Eva Alagoda-Coeln, Servitengasse 21/9, 1090 Wien, 0680/2120456
www.nuad-und-massage.at, office@nuad-und-massage.at
Verein Nuad-Austria, www.nuad.at, office@nuad.at, ZVR: 981274371